Filippo Neri
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Der Narr Gottes
Der Sohn eines Rechtsanwaltes riss von zu Hause aus und lebte dann als Penner in einer Großstadt. Seine Spezialität waren skurrile Scherze. So ließ er sich z. B. mitten in einer neuen Kirche während eines Gottesdienstes von einem Barbier eine neue Frisur machen, oder er stolzierte als Kardinal verkleidet durch die Stadt. Dabei hatte er stets die Lacher auf seiner Seite. Es passierte auch, dass er plötzlich in religiöse Ekstase geriet - dann wurde er meistens ausgelacht. Der lockere religiöse Treffpunkt, den er gründete, war – im Gegensatz zu den Kirchenhäusern – stets überfüllt.
Maskenball im Vatikan, ein 17-jähriger „Lustknabe“ wird zum Kardinal geweiht, und eine uneheliche Kaisertochter heiratet einen Papstenkel. In diese Stadt kommt der junge Filippo Neri. Am 21.7.1515 geboren, läuft er schon 1532, mit 17, seinem Vater, einem Notar aus Florenz, davon. Der jugendliche Ausreißer lebt als Stadtstreicher in Rom. Einer der vielen Gassenlümmel. Und doch ein bisschen anders als die anderen: Filippo Neri ist fromm.
Das ist nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der manche Gläubige die Kirche nur noch durch Seiteneingänge betreten, um nicht verspottet zu werden. Priester rufen oft nur noch Gelächter am Altar hervor, weil sie nicht mehr wissen, wie man die Messe liest, oder weil sie absichtlich Unfug mit dem Messritus treiben.
Filippo Neri ist fromm, sehr fromm. Frömmigkeit bedeutet nicht zwangsläufig, nur mit gefalteten Händen und mildem Blick schräg nach oben zu schauen. Bei Filippo Neri ist Frömmigkeit eine tiefe Leidenschaft. Wenn er in religiöse Ekstase gerät, gibt es keine Beherrschung mehr: Er stößt einen Schrei aus oder tanzt und springt durch die Kirche. Beim Anblick eines Kreuzes kann es passieren, dass er in Tränen ausbricht und die Hände zum Himmel reckt. In völliger Ekstase steht er dann da. Man kann ihn anschreien oder schlagen, er zeigt keine Reaktion. Wenn diese religiösen Ekstasen abgeklungen sind, hat er nur eine einfache Erklärung dafür: „Ich bin wund vor Liebe zu Gott.“ Weil ihn diese religiöse Verzückung körperlich stark belastet, versucht Filippo Neri sich abzulenken, z. B. durch die Lektüre unseriöser Romane. Aber es gelingt ihm nicht. Immer wieder packt ihn der Rausch religiöser Ekstase. Meist erntet Fillipo Neri nur Gelächter und Hohn für seine Frömmigkeits-Ausbrüche. Aber es gelingt ihm immer wieder, höhnische Lacher auf seine Seite zu ziehen, sie für die Faszination des Glaubens aufzuschließen. Dabei hilft ihm vor allem sein Humor. Unzählige Witze soll Fillipo Neri erzählt haben. Manche hat er auch selbst gespielt: Als Kardinal kostümiert, lässt er sich von Straßenjungen die Schleppe tragen. Einmal bestellt er den Friseur in die Kirche und lässt sich mitten im Gottesdienst mit vielen Faxen neu frisieren.
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Filippo Neri, der Narr Gottes, wird bald so etwas wie der „Stadtheilige“ von Rom. Obwohl er sich dagegen sträubt, wird er schließlich sogar zum Priester geweiht. (Er hat Angst, beim Feiern der Messe ständig in Ekstase zu geraten.) In einer Dachkammer sammelt er Anhänger um sich, denen er religiöse Texte vorliest. Die Predigt über den Text hält dann kein Priester, sondern einer der Anwesenden, manchmal sogar ein Kind. In einem größeren Dachboden bildet sich dann eine Art lockere Wohngemeinschaft, die sich „Oratorium“ nennt: Es gibt keine Regeln, noch nicht einmal feste gemeinsame Mahlzeiten, man lebt einfach zusammen in zwangloser Frömmigkeit. Auch heute gibt es noch „Oratorianer“. Sie betreiben z. B. in Aachen Deutschlands erstes Hospiz (Sterbeklinik).
In einem Punkt irrte sich Filippo Neri jedoch. Nachdem er, immerhin schon siebzig Jahre alt, mit seinem späteren Freund, dem später heiliggesprochenen Felix von Cantalice, einen dicken Schlauch voll Wein geleert hatte und durch die Kirchen von Rom torkelte und unanständige Lieder gesungen hatte, meinte er: „Felix, das war deine beste Idee. Jetzt kommt bestimmt niemand mehr auf die Idee, uns beide als Heilige zu verehren.“ Es kam anders.
Am 26.5.1595 starb Filippo Neri, am 12.5.1622 wurde er heiliggesprochen.
aus: W. Christmann, Exemplarische Christen. Materialdienst 1-90
© Verlag Beate Christmann, Ilsede